Geschichte des Ostermarsches
(Auszüge aus Wikipedia)
Der Ostermarsch ist eine von pazifistischen oder antimilitaristischen Motiven getragene, in Form von Demonstrationen und Kundgebungen regelmäßig jährlich durchgeführte politische Ausdrucksform der Friedensbewegung in Deutschland. Ihre Ursprünge gehen auf britische Kernwaffengegner der Kampagne für nukleare Abrüstung mit den „Aldermaston Marches“ in den 1950er Jahren zurück.
Hintergrund
Die Anstöße für Marsch-Aktionen sind sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland von Friedensaktivisten der War Resisters’ International/Internationale der Kriegsdienstgegner (IdK e. V.) ausgegangen. Hieraus entwickelten sich solche Demonstrationsmärsche zu Ostern auch in anderen westeuropäischen Ländern. Lediglich in Deutschland haben diese unter dem Namen Ostermärsche eine bis heute regelmäßig jährlich stattfindende tradierte Ausdrucksform der Friedensbewegung entwickelt.
Ostermärsche in der Bundesrepublik Deutschland
Der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer erklärte am 5. April 1957 auf einer Pressekonferenz, die neue Generation von taktischen Nuklearwaffen sei „nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie. Selbstverständlich können wir nicht darauf verzichten, dass unsere Truppen auch in der normalen Bewaffnung die neueste Entwicklung mitmachen.“ Er hatte von den USA den alleinigen Zugriff auf Atomsprengköpfe verlangt… Die Forderung wurde jedoch von den Alliierten, vor allem den USA, abgewiesen. Bis heute liegen atomare Sprengköpfe im Rahmen der Nuklearen Teilhabe gemeinsam bewacht von Deutschen und Amerikanern in Deutschland (Fliegerhorst Büchel). Deren Abzug ist eine Forderung der Friedensbewegung.
Gegen diese geplante Aufrüstung formierte sich, mit Unterstützung der SPD und der Gewerkschaften, die Kampagne Kampf dem Atomtod. Doch weder die breite Ablehnung innerhalb der Bevölkerung, noch die von den Kirchen, den Gewerkschaften und der SPD mitgetragenen Massenaktionen vermochten einen Aufrüstungsbeschluss des Bundestages am 25. März 1958 zu verhindern. Am 17. April 1958 fanden Demonstrationen in Bremen, Kiel, München, Mannheim, Dortmund Essen und Hamburg statt. In der Hansestadt standen die meisten städtischen Verkehrsmittel fast eine Stunde still, um ihren Mitarbeitern die Teilnahme zu ermöglichen. Im Anschluss an diese bis dahin größte politische Demonstration der Nachkriegszeit mit weit über 120.000 Teilnehmenden fand die erste deutsche „Mahnwache“ statt, mit der der Hamburger Aktionskreis für Gewaltlosigkeit 14 Tage und Nächte gegen die geplante Atombewaffnung protestierte (hier entstand der Begriff „Mahnwache“). Im Frühjahr 1958 erreichten die Massenkundgebungen insgesamt etwa 1,5 Millionen Teilnehmer. Die SPD zog sich jedoch aus der Kampagne zurück. Dieses politische Vakuum bildete den Nährboden für die sich entwickelnde Außerparlamentarische Opposition (APO), die 1961 erstmals bundesweit in Erscheinung trat.
Einen Vorläufer der Ostermärsche organisierte die hessische Naturfreundejugend 1959 aus Anlass ihres Landesjugendtreffens. Der Marsch, noch unter dem Motto Kampf dem Atomtod, führte von Hanau-Steinheim nach Offenbach am Main. 1960 wurden in der Bundesrepublik Deutschland die ersten Ostermärsche aus dem pazifistischen Aktionskreis für Gewaltlosigkeit heraus angeregt, nachdem Pressemeldungen den Beginn der Erprobung von Honest-John-Atomraketen auf dem Truppenübungsplatz Bergen gemeldet hatten. Konrad Tempel, wie seine spätere Frau Helga Stolle, konnte pazifistische Gruppen in Hamburg (siehe Foto), Bremen, Hannover und Braunschweig für einen norddeutschen mehrtägigen Sternmarsch gewinnen. Die Demonstration endete am Ostermontag 1960 mit rund 1200 Teilnehmern beim Truppenübungsplatz Bergen-Hohne. Nach diesem ersten Ostermarsch kam es zu einem Treffen in Hannover, bei dem verabredet wurde, 1961 mehrere Ostermärsche in der Bundesrepublik zu organisieren.
Die Ostermärsche wurden von Anfang an als kommunistisch unterwanderte Veranstaltungen diffamiert und konnten meist nur unter teils schikanösen behördlichen Auflagen stattfinden. Was das bedeutete, beschrieb Klaus Vack am Beispiel des ersten hessischen Ostermarsches, der 1961 von Miltenberg nach Frankfurt führte:
„Nicht nur die bayerische Polizei sorgte dafür, dass der Ostermarsch ein polizeiverordnungsgemäßer, eng gehegter Marsch wurde. Ein Regelfanatismus in bürokratisch abgestandener Gestalt. Unter vielen anderen polizeilichen haarsträubenden Auflagen: die auf der Demonstration mitgetragenen Transparente mussten vorab eingereicht und genehmigt werden; nur auf Landstraßen der 3. Ordnung durfte gegangen werden; selbstredend musste in Zweierreihen marschieit werden; […] Kundgebungen durften nur an ausgesuchten Rändern stattfinden; war eine Bundesstraße zu überqueren, mussten die Transparente eingerollt, die Demonstration vorübergehend aufgelöst und einzeln die hehre, hoheitliche Straße überquert werden; Lautsprecher, zunächst nur Blechtüten, waren bis 1963 verboten; und so weiter und so fort. Wir hielten uns dran und auch nicht.“ – Klaus Vack: Das andere Deutschland nach 1945, S. 67–68.
Fortsetzung folgt!